bonbons4alle
indiskreter Bonbonautomat
"Bonbons 4 Alle!"
...verspricht dieser interaktive Automat und lockt mit seinem bunten Display und beleuchteten Bonbons NutzerInnen an.
"Möchten Sie ein Bonbon?", fragt er Näherkommende. Und mit einem Klick auf "Ja" haben die Angelockten auch schon verstanden, was zu tun ist, und sind unbemerkt in die Falle dieses Geräts getappt. Der Bonbonautomat jedenfalls fragt weiter und weiter, zunehmend indiskrete Fragen, um sicherzustellen, das die Befragten auch geeignete Bewerber:innen für ein Bonbon sind, schließlich ist das Leben kein Ponyhof!
Dieser Automat ist eine Art Mischung aus zynischem Kommentar auf bürokratische Praxis, unterhaltsamem Zeitvertreib und ehrlich gemeintem Ratschlag für ein erfülltes Leben. In der Praxis hat sich gezeigt, dass erstaunlich viele Menschen zwar ohne Bonbon, aber mit einem Lächeln im Gesicht vom Automaten zurücktreten. Und die, die es tatsächlich schaffen, dieser politisch unkorrekten, diskriminierenden Maschine auch noch ein Bonbon zu entlocken, freuen sich vollkommen zurecht über ihre Neugierde, die sie dazu gebracht hat, sich zu fragen, warum der Automat eigentlich eine dritte Taste besitzt.
Das Projekt war ursprünglich nur als sarkastischer Kommentar auf einige unnötig komplizierte Verfahrensweisen gedacht. Ich wollte meinem Ärger auf die Bürokratie Luft machen. Im Verlauf des Prozesses ist dann aber mehr und mehr Humor in den Automaten geflutscht. Letztendlich hat diese nutzlose Maschine sogar einen tiefere Message, die sich allerdings nur manchen Menschen offenbart. Sie ist also ganz schön über ihr Ziel hinausgewachsen, was ich vor allem auf folgende Gründe zurückführe:
Zum einen habe ich, um effizient zu arbeiten, ein System aufgesetzt, dass es mir ermöglichte, neue Fragen automatisiert in den Katalog aufzunehmen. Dazu konnte ich direkt Antwortmöglichkeiten inklusive darauffolgendem Kommentar des Automaten und Weiterleitungbefehle angeben. Dazu musste ich nichts weiter tun, als eine neue Textdatei in den Ordner zu legen, die die entsprechenden Angaben beinhaltete. Dieses System hat tatsächlich funktioniert, was nicht nur zur Folge hatte, dass ich rechtzeitig fertig wurde, sondern sich außerdem als Glücksgriff erwiesen. Nach Fertigstellung des technischen Teils des Projekts konnte ich somit weitere Fragen hinzufügen, sogar während der laufenden Ausstellung. Ich konnte also rumspinnen und wirklich kreativ werden. So entstanden Fragen wie "Haben Sie Geduld?" mit den Antwortmöglichkeiten "Ja" oder "Nein". Wer "Ja" drückte, wurde direkt wieder mit der gleichen Frage konfrontiert. Solange bis man seine Geduld eben verlor, "Nein" klickte und sich dafür dann so etwas wie "Das habe ich mir gedacht" vom Automaten anhören musste.
Zum Anderen hatte ich Zeit, den Menschen beim Nutzen des Automaten zuzusehen, was aus meiner Sicht die beste Belohnung für die Mühen eines solchen Projekts darstellt.
Das führte zu einigen interessanten Beobachtungen, die mich wiederum zum Verfassen neuer Fragen inspirierten. Und diese Beobachtungen liefern mir bis heute interessante Einblicke. Einer davon ist zum Beispiel, dass manche Menschen an diesem Automaten quasi unmöglich an ein Bonbon kommen können, obwohl (oder gerade weil...) sie sich geduldig die größte Mühe geben. Auch sehr spannend war das Beobachten von Gruppen vor dem Automaten. Besonders eine Gruppe blieb mir in Erinnerung. In der Gruppe war eine Person, die irgendwie intuitiv wusste, wie man an ein Bonbon kommt und das sofort auch der gesamten Gruppe vorschlug. Eine andere Person jedoch mahnte zur Vorsicht und war dabei so durchsetzungsstark, dass der Vorschlag der ersten immer wieder abgewehrt wurde. Die "vernünftige" Person hielt so die Gruppe erfolgreich davon ab, ein Bonbon zu erhalten. Natürlich sollte man vorsichtig sein, welche Schlüsse man aus solchen Beobachtungen zieht. Dass der "vernünftige" Weg nicht zum Ziel führt, war ja schließlich so von mir beabsichtigt. Was ich für mich allerdings daraus ziehe, ist die Bestätigung in dem Glauben, dass Gruppenentscheidungen definitiv nicht IMMER die besten sind.
Übrigens: Nachdem die Gruppe aufgegeben hatte und weitergezogen war, kam der "Intuitive" nochmal zurück und hatte innerhalb von 5 Sekunden sein Bonbon ;)
So könnte ich noch eine ganze Menge weiterer Beobachtungen schildern, aber das wird dann irgendwann auch zu viel für so eine Webseite.
Der Automat selbst ist jedenfalls ein Objekt, wie ich sie am liebsten habe. Von außen aus Pappe, innen voll ausgeklügelter Elektronik, vermischt mit gefundenen und recycelten Materialien; und getragen von Humor und einem durchdachten, starken Konzept, gewürzt mit einer ordentlichen Prise glücklicher Fügung.
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